1783
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O theures Land, das mich gebar, erzogen,
Wo meines Lebens Blumenlenz verflossen,
Mein Geist der Bildung Morgenroth genossen,
Mein Herz des Guten Honigseim gesogen;
Sey deinem treuen Sohne huldgewogen,
Dem fern von dir nur karge Freuden sprossen,
Von Sehnsuchtsthränen oft nach dir begossen.
Nicht länger bleibt er deinem Schoß entzogen.
Und kann er dir die Schuld auch nie vergüten,
Die er im dankerfüllten Herzen trägt;
So laß dir hier die Huldigung genügen
Von seiner Muse fernentkeimten Blüthen,
Worin sein Herz und Geist sich bildlich prägt
Mit schwachen, aber unverstellten Zügen!
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Ncht auf der Menge breitgetretenen Wegen
Im Flitterstaate ird’scher Herrlichkeit
Kömmst du, süßlächelnde Zufriedenheit,
Dem Suchenden ein buhlend Weib entgegen.
Kein Herz, wo Leidenschaften wild sich regen,
Mit dem Geschicke und sich selbst entzweit,
Hat noch beglückt sich deiner Huld erfreut,
Genossen deiner Ruhe Himmelssegen.
O Dank den Göttern, die mir Kraft verliehen,
Früh zu bekämpfen jeden innern Sturm
Und äuß’rem Glücke weit dich vorzuziehen!
Wenn gleich zu manchem Trübsal schon beschieden;
So spann doch nie des Mißmuths gift’ger Wurm
Sich ein im Immergrün von meinem Frieden!
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Wenn des Frühlings laue Weste sich erheben,
Und der Lüftesegler Sangesheer erwacht
Aus des Winterschlummers langer Todesnacht
Zu der Liebe und der Freude neuem Leben,
Reg empor des jungen Grases Spitzen streben,
Neu geschmückt mit grünen Rasenteppichs Pracht
Rings die Au in tausend Blumen golden lacht,
Und den Blüthen Himmelsdüfte süß entschweben:
O dann fühl’ auch ich vom heitren Himmelsfunken
Einer neuen Lebenssonne mich durchzückt,
Und des Trübsinns Wolken meiner Stirn’ entsunken,
Fühle, trotz der Schicksalssterne düstrem Blinken,
Allen Schöpfungswesen gleich, mich lustbeglückt,
Die an deinem Busen Trost und Freude trinken!
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Wo mit Nordpoleis sich Alpenhäupter krönen,
Auanasse reifen in der Gluth des Süden;
Ueberall, zu Freud und Leiden gleich beschieden,
Soll an dich, o Gleichmuth, sich der Mensch
gewöhnen,
Nie im Glücke jauchzen und im Unglück stöhnen.
Ob geliebkost von der Huld der Uranieden,
Ob gegeiselt von dem Groll der Eumeniden:
Jedem Loose kannst du unser Herz versöhnen.
Unbeständig sind Fortunens Liebesblicke.
Doch du zürnst nicht auf erzürnte Schicksalsmächte,
Wechseln auch, wie Fluth und Ebbe, die Geschicke,
Nichts währt ewig nach der Götter Schluß hienieden.
Bloß in dir nur zeigten unserem Geschlechte
Huldvoll sie die Quelle eines stäten Frieden!
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Von des Frohsinns immer frischer Rosenblüthe
Leicht bekränzt zerfurchen nie des Trübsinns Falten,
Wie des Lebens Scenen sich auch rauh gestalten,
Mir die Stirn’, und heiter bleibt stets mein
Gemüthe.
Ob da Zephyr säusle, Eurus stürmend wüthe,
Flora’s Kinder sich an Helios Kuß entfalten,
Oder schwarze Donnerkeile Eichen spalten,
Wild die Woge braus’t im Reich der Amphitrite:
Göttergröße seh’ ich überall und Milde,
Und zum Segensziel’ sich Gut und Böses paaren,
Immer gleiche Güte im verschiednen Bilde.
Und ich sollt’, erkennend sie, mich nimmer freuen
Und die kurze Frist von meinen Lebensjahren,
Düstre Schwermuth, dir zum Opferkranze weihen?
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Wem des Trübsinns Nebelwolken sich erheben,
Schwarz aus der gekränkten Seele tiefstem Grunde
Hingerissen von dem Schmerz der Herzenswunde
Zur Verzweiflung, schwankend zwischen Tod und Leben;
O, den mögest, Hoffnung du, mir hell umschweben,
Ihm ein Rettungsgenius in düst’rer Stunde,
Daß vom Wahn endlosen Leidens er gesunde,
Heitrer Zukunft froher wieder hingegeben!
Welche Last auch immerhin uns preßt hienieden;
Unvergänglich ist kein Menschenweh auf Erden,
Trost und Lind’rung uns in jedem Leid beschieden.
Drum, o Mensch, sollst du dich nimmer keck
vermessen,
Des gesteckten Zieles eigner Herr zu werden –
Nie der frommen Duldung heil’ge Pflicht vergessen!
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Holdseligste von des Parnassus Schönen,
Der Dichtkunst Muse, liebend denke mein!
Laß länger ungestillet nichtmein Sehnen,
Kehr’ in die Kontumaz zu mir auch ein!
Zu schwer, ach, deiner ganz mich zu entwöhnen
Wird mir’s, erheischet auch mein hiesig Seyn
Der Prosa strenger Dienstesform zu fröhnen
Und mich zu weih’n dem Nützlichen allein.
Doch wo fänd’ neben dem nicht Platz das Schöne?
Und nicht an buntem Stoff fehlt’s wahrlich hier
Für Elegien wie für Scherzgesänge.
Dabei wird’s ob der heut’gen Dichtermenge
Wohl sicherlich ganz Deutschland danken dir,
Hältst du ein wenig einmal Quarantäne!